Donnerstag, 13. Dezember 2012

Konstantin Wecker: Respekt!

Gestern kritisierten wir den Aufruf der 60, zu denen auch Konstantin Wecker gehört. Er hat sich zu seiner Unterschrift geäußert. Ein Mann der Fehler eingestehen kann. Respekt.

Konstantin Wecker auf Facebook
Liebe Freunde,

manchmal lässt mich der Zustand der Welt ziemlich ratlos sein.

Angesichts der grauenvollen Verhältnisse in Syrien habe ich einen Aufruf unterschrieben, den mein verehrter Freund Hans Peter Dürr mit unterschrieben hat, ebenso wie Elmar Altvater, den ich sehr schätze. Einen Aufruf von „medico international“ in dem mich Sätze wie diese durchaus überzeugt haben:

„Die Lage in Syrien erscheint hoffnungslos. Kein Dialog ist in Sicht und niemand scheint das andauernde Töten stoppen zu können. Jede Waffenlieferung – ob aus Russland, den USA, dem Iran, Europa, der Türkei oder den Golfstaaten – wird die ohnehin bestehende humanitäre Katastrophe verschlimmern. Jede militärische Aufrüstung der Anrainerländer birgt die Gefahr einer Regionalisierung des Krieges. Jede andere Form der offenen militärischen Intervention wird die politischen Kräfte an den Rand drängen und die Opposition in Syrien weiter spalten.“

„Noch immer finden jeden Freitag hunderte von unbewaffneten Demonstrationen statt; weiterhin versuchen AktivistInnen dort, wo sich der Staat zurückgezogen hat, das öffentliche Leben aufrechtzuerhalten. Sie alle, vor allem die vielen aktivistischen Frauen, haben keine hier bekannten Namen und kein prominentes Gesicht. Doch sie sind die neue Generation Syriens, die nicht nur Nachbarschaftshilfe für unzählige Inlandsflüchtlinge leistet, sondern Tag für Tag den Boden für ein zukünftiges demokratisches, multi-ethnisches und multi-religiöses Land bereitet. Ihnen gilt unser solidarischer Beistand, unser Respekt und unsere praktische politische Unterstützung.“

Nun wurde mir von einigen Seiten - auf durchaus freundliche Weise gesagt - ich hätte damit „keineswegs die Zivilgesellschaft Syriens gestärkt, sondern diejenigen Interessen, die Lybien in eine Hölle auf Erden gebombt haben“

Wer mich kennt, weiss, dass ich mich dem Pazifismus verschrieben habe und dass es mir gerade darum geht, die zivilen Kräfte zu stärken. Ich konnte diesem Text nicht entnehmen, dass er indirekt - wie mir jetzt geschrieben wurde - den Einsatz deutscher „Patriot“ Raketen befürworten würde. Das wäre entschieden gegen meinen Willen. Auch Flugverbotszonen , wie 2011 in Lybien stehen für mich nicht zur Debatte.

Dieser Aufruf darf nicht zum Einfallstor werden zu einer militärischen Option. 

Wir brauchen eine Logik des Friedens und nicht des Krieges.

Ich bin dafür, alles zu tun, um das Morden in Syrien zu beenden. Meine Vorstellung von "alles" schließt aber militärische Mittel eindeutig aus. Denn bei aller Ratlosigkeit, ist mir soviel klar: mit Waffen kann man keinen Frieden schaffen. Und auch hier müssen wir uns dem Diktat der ewigen Alternativlosigkeit entziehen. Es kann nicht sein, dass wir bei jedem Konflikt in jedem Land immer nur die Frage zu beantworten haben: Militärintervention, ja oder nein? Aber man hat eben ein Wirtschaftssystem, das auf Konflikt abzielt ("Konkurrenzprinzip") und eine globale Elite, die an Kriegen prächtig verdient.

Ich gebe zu, dass ich bei meiner Unterschrift nicht bedacht habe, dass genau dies nicht ausdrücklich mit erwähnt wurde, und deshalb wohl auch Personen unterschrieben haben, die militärische Interventionen durchaus als Mittel der Wahl sehen. 

Deshalb werde ich die Entwicklung und die Folgen des Aufrufs genau beobachten und wenn nötig meine Unterschrift zurückziehen.

NATO-„Freiheit“ anstelle von Frieden
Warum kritisieren wir die NATO und diesen o. g. Aufruf? Die Konzern- und Staatsmedien zitieren Westerwelle, die jüngst von der NATO in Doha zusammengepferchte „Nationale Koalition" vertrete "die legitimen Interessen des syrischen Volkes". Offensichtlich gehören dazu Vertreter der US-Armee, die an der "Oppositions"-Tagung teilnahmen und die Al Kaida-Terroristen, die Westerwelle in Berlin schulte, aber nicht demokratische Organisationen in Syrien.
Inamo schreibt in einem lesenswerten Bericht:
Nicht teilgenommen an der Konferenz haben der NCC (Nationaler Koordinationsrat für demokratischen Wandel in Syrien) – ein Zusammenschluss von 13 Organisationen -, die Gruppe „Den syrischen Staat aufbauen“ (Louey Hussain, Mona Ghanem) und al-Minbar (Samir Aita, Michel Kilo usw.). Der Auslandssprecher vom NCC, Haytham al-Mana´, sagte in dem arabischen Nachrichtensender Al-Mayadeen, dass nur ihr Vorsitzender, Hassan Abdulazeem, als Einzelperson eingeladen war, - nicht die Organisation.
Die junge Welt vom 12. 12.:
"Annan hatte kürzlich die USA und ihre westlichen Partner im UN-Sicherheitsrat kritisiert, das Genfer Abkommen vom Juni 2012 torpediert zu haben. Die Vereinbarung, die von allen Außenministern der Vetomächte unterzeichnet worden war, sah eine Übergangsregierung aus Vertretern des amtierenden Kabinetts und der Opposition in Syrien vor. Diese sollte eine Verfassung gebende Versammlung einleiten und Neuwahlen vorbereiten. Der syrische Präsident Baschar Al-Assad hatte gegenüber Kofi Annan seine Zustimmung zu dem Abkommen erklärt. Unmittelbar darauf hatten die USA, Frankreich und Großbritannien im UN-Sicherheitsrat schärfere Maßnahmen gegen Syrien nach Kapitel 7 der UN-Charta gefordert und die Vereinbarung ignoriert.“
Noch Fragen, liebe Unterzeichner-Kollegen von Konstantin Wecker?

Apropos "junge Welt"

Liebe Leser von Hinter der Fichte,
häufig bekomme ich Spendenangebote für das Blog. Das ist lieb gemeint. Mein Lohn ist aber das Lob und der viele Zuspruch. Die beste Unterstützung für mich und meine Unterstützer sind einfach möglichst viele Klicks auf der Webseite sowie Freunde, „gefällt mir“ und „Teilen“ bei Facebook. Jeden Tag. Das bringt die notwendige Aufmerksamkeit im Netz.
Hinter der Fichte ist ein persönlicher, nichtkommerzieller Beitrag der aus eigener Tasche finanziert wird, im Kampf gegen die übermächtige Propaganda des Imperialismus. Aber ich habe einen Vorschlag.
Werden wir möglichst viele Unterstützer der „jungen Welt“ der unabhängigen Tageszeitung. Hier der Offene Brief der jungen Welt.
Warum?

Opfer der deutschen Obrigkeitsjustiz
Ein Beispiel. Während die Konzern- und Staatsmedien voll sind an bestellten und bezahlten rührseligen Geschichten über die Porno-Gruppe Pussy Riot, unterdrücken die gleichen Medien des Imperiums die Informationen über die Skandale im eigenen Land. Urteile die schlimmer sind als die angeprangerten in Russland werden verschwiegen. In Nürnberg wurde in 21-jähriger aufgrund konstruierter Vorwände zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Der obskure Vorwurf: Er soll mit einem Besenstiel versucht haben geharnischte Polizisten umzubringen. Es gibt keinen Geschädigten. Ein Skandalurteil. Der Gerichtssaal wurde - anders als in Moskau - mit Polizeigewalt geräumt. Überwältigt von der übermächtigen Pressefreiheit berichtet das sonst keine Zeitung. Die junge Welt wird von keiner Partei oder Konzernen, nur von Bürgern in einer Genossenschaft finanziert.